TV direkt 6/2004

24 - Gegen die Zeit

von Dierk Sindermann

In seinem zweiten Einsatz als Antiterror-Agent in "24" rennt Kiefer Sutherland gegen die Zeit an. Privat hat er mit seiner Vergangenheit zu kämpfen. "Ich habe viele Fehler gemacht", verriet er TVdirekt.
Eine Serie, deren Handlung sich minutiös in 24 Stunden abspielt. Ein Hauptdarsteller, der sich zuvor hauptsächlich durch Saufgelage hervortat. Wie soll das gut gehen? So unkten die Kritiker und gaben "24" null Chancen - und täuschten sich gewaltig! "24" macht süchtig. Die Echtzeitserie entwickelte sich zwar weder im US- noch im deutschen TV zum Massenerfolg mit ganz großer Quote, revolutionierte jedoch das Seriengenre und wurde mit Preisen überhäuft. Kiefer Sutherlands zweiter Einsatz als CTU-Agent Jack Bauer toppt den ersten noch: Los Angeles wird von einer Atombombe bedroht - Jack hat 24 Stunden Zeit, um sie ausfindig zu machen.

Diesmal fungieren Sie nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Executive Producer der Serie. Bestimmen Sie die Handlung mit?
Schön wär's. Die Autoren wissen ja oft selbst noch nicht, wie es weitergehen wird. Das ist ja das Besondere an dieser Serie. Es gibt immer wieder Knaller, mit denen keiner gerechnet hat. Die Schauspieler eingeschlossen. Ich habe mich schwer damit getan, den Tod meiner Serienfrau Teri zu akzeptieren. Leslie Hope, die Teri gespielt hat, ist ein wunderbarer Mensch, mit dem ich sehr gern gearbeitet habe. Ich war richtig sauer auf die Autoren, als sie sie sterben ließen.
Und wie haben Sie Teris Tod verkraftet?
Am Ende war es Leslie, die mir die Augen geöffnet hat. Sie sagte: "Wenn wir die Dynamik der Handlung nicht verändern, dann geht uns bald die Luft aus. Die Serie wird voraussehbar, und das will keiner von uns."
Haben Sie sich bei echten CIA-Agenten Tipps für die Rolle geholt?
Dazu blieb keine Zeit. Aber heutzutage braucht man ja nur CNN einzuschalten und man bekommt einen guten Einblick, mit welchen Problemen sich diese Leute beschäftigen. Außerdem hat mich der menschliche Aspekt an der Rolle interessiert und nicht die Tatsache, dass Jack Bauer eben manchmal den Revolver zieht. Für mich zählte das nicht immer ideale Verhältnis zu Frau und Tochter sowie der Konflikt zwischen Beruf und Privatleben.
Sprechen Sie aus persönlicher Erfahrung? Sie haben zwei gescheiterte Ehen hinter sich.
Stimmt. Ich kann mich damit identifizieren. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass mein Familienleben so gut verlaufen wäre wie meine Karriere. Jeder trifft manchmal dumme Entscheidungen. Ich habe Fehler gemacht und mich später dafür bei den Leuten entschuldigt, die davon betroffen waren.
Was würden Sie heute anders machen, wenn Sie könnten?
Das habe ich mich oft gefragt. Aber es ist müßig, darüber nachzudenken, denn ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mit meinen Fehlern zu leben. Genau wie Jack Bauer.
Haben Sie ein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter?
Heute ja. Als sie noch klein war, war ich ständig irgendwoauf Location und habe von ihr wenig gesehen. Aber Sarah ist wundervoll, und sie kann vor allem verzeihen. Jetzt bemühe ich mich, ihr nahe zu sein. Sogar bei der Arbeit. Sie war Produktionsassistentin bei "24", und ich setze wegen ihr sogar mein Leben aufs Spiel.
Wie ist das denn zu verstehen?
Sie macht gerade ihren Führerschein. Und ich habe sie manchmal frühmorgens auf dem Weg zum Studio fahren lassen. In "24" habe ich keine Angst davor, eine Nuklearbombe zu entschärfen, aber wenn Sarah sich an der Autobahnabfahrt einfädelt, dann werde ich leichenblass.
Gehören Ihr ausschweifendes Partyleben und die Liebe zum Alkohol der Vergangenheit an?
Ich glaube, dass das Trinken in einigen Phasen meines Lebens ein Problem war. Aber es hat mehr und mehr abgenommen.
Und wodurch wurde es ersetzt?
Musik. Ich könnte nicht ohne Musik leben. Zu Hause, im Auto, sogar zum Einschlafen spiele ich Musik. Ich bin Rockfan, aber ich mag auch Klassisches, vor allem spanische Gitarrenmusik und Flamenco.

 

© Luin März. 2004